Beautiful Bohemia

by Marianne Kohler Nizamuddin, 27. Januar 2019
Viel früher als die Hippies entflohen die englischen Bohemians dem bürgerlichen Leben. Die suchten vor mehr als hundert Jahren nach neuen Werten und Lebensformen. Als Vorbilder dienten ihnen die Fahrenden, die damals oft aus Böhmen kamen. Deren ungebundenes Leben, die farbigen Kleider und Wohnwagen drückten pure Lebensfreude aus und waren ideal, um einen persönlichen, künstlerischen Ausdruck zu finden. So entstand das neue, fiktive Land «Bohemia» – ein Refugium für Künstler, Dichter, Philosophen und Individualisten. Die Bohemians zogen in günstige Häuser auf dem Land, richteten sich in Künstlerateliers ein und kreierten einen neuen Stil, der bald darauf auch Mode wurde. Und wie es mit der Mode so ist sie weckt in uns die Sehnsucht nach anderem, nach vergangenen Zeiten oder fernen Ländern. So ist der Bohemian-Stil bis heute ein Thema. Er kommt und er geht und kommt immer wieder.

Das Wohnzimmer als Salon

Die Bohemians glaubten, dass Freundschaft wichtiger ist als Familie. Oft wohnten sie in Gemeinschaften zusammen und lebten offene Ehen und Partnerschaften. Das Wohnzimmer war eine Art Salon, in dem man zusammensass und manchmal ganze Nächte lang diskutierte. Wichtig war den Bohemians Wohnlichkeit zu kleinem Preis, der Verzicht auf bürgerliche Steifheit und Repräsentation. Ein Wohnzimmer im Bohemiastil ist persönlich, lebensfroh, gewachsen, künstlerisch und unkonventionell. Man spürt, dass darin gelebt wird. Bild über Decoratop.

Ein Diwan wie aus dem Orient

Das Sofa der Bohemians wurde ganz einfach zum Diwan. Das brachte den Zauber des Orients in die eigene Stube und vermittelte die typische Stimmung eines Künstlerateliers. Diwans sind ideal, um für Bilder zu posieren, und bieten erst noch eine gute Schlafmöglichkeit. Ein Diwan wie auf diesem Bild  Little Blue Deer von kann man  einfach und günstig selber machen. Was es dafür braucht  sind zwei Matratzen, bunte Stoffe und ein wenig Nähtalent. Nähen Sie für die untere Matratze einen Rüschenüberwurf, kleiden Sie die obere satt ein und bestücken Sie alles mit Rollen und Kissen in abgestimmten Stoffen. Stellen Sie einen solchen selbst gemachten Diwan in eine Ecke oder an eine Wand, da sonst die Kissen und Rollen runterfallen. Ein weiteres schönes Detail auf diesem Bild ist die Hängeleuchte, die aus einem grossen Dandyhut kreiert wurde! Bild über

Muster und Farben wie Kunstwerke

Kreatives Wohnen im Bohemiastil bedeutet vor allem: selber gestalten, kreieren, komponieren und Hand anlegen. Genau wegen seines kreativen Approachs ans Wohnen widmen sich mittlerweile viel Blogs dem Bohemian-Wohnstil. Einer davon heisst Bohemian Wornest, von dem dieses Bild stammt. Hier sind die Farben und  Muster,  gewagt und mit viel Fulminanz eingesetzt und gemischt. Das Resultat: eine orientalisch-sinnliche Anmutung.

Die Teppiche sind bunt und folkloristisch

Zum wohnlich warmen Look im Bohemiastil gehören Teppiche – und zwar möglichst viele davon. Wählen Sie Kelimteppiche, diese vermitteln die fröhliche Farbigkeit eines Nomadenzeltes und sehen toll aus, wenn Unterschiedliches zusammen kombiniert wird. Bild über Honestly WTF.

Ein gewagter Mix

Das Schönste am Bohemialook ist, dass eigentlich alles geht, was gefällt. Wagen Sie eklektische Mischungen aus allerlei Lieblingsstücken, spielen Sie Puzzle mit Möbeln und Wohnaccessoires und gestalten Sie so ein kleines Wohnkunstwerk. Lassen Sie Ihre Einrichtung natürlich wachsen. Bei einem gemischten Wohnstil ist das besonders gut möglich. Da kann immer wieder ein neues Stück dazukommen. Designerstücke fühlen sich wohl zwischen solchen aus dem Brockenhaus und Antiquitäten neben Poppigem. Bild über Analog.

Das Schlafzimmer ist  ein kreativer privater Raum

Ein altes, gemütliches Bett aus dem Antiquitätengeschäft oder Brockenhaus, gewagte Tapeten mit Boudoirflair und gemusterte, zusammengewürfelte Bettwäsche sind die Zutaten zu einem künstlerisch anmutenden Bohemia-Schlafzimmer. Solche Tapeten  gibt es zum Beispiel von Florence Broadhurst. Dazu passen Stühle oder  Hocker als Nachttischchen, viele Bücher, die Lust aufs Lesen machen und dekorative Vintageleuchten. Bild über English Muse.

Buchtipps

In diesen Büchern können Sie noch mehr über die Bohemians erfahren:

Gefunden und erlesen

Zum Bohemiastil besondere Sachen, Fundstücke und Objekte wie zum Beispiel  hübsche, bunte balinesische Körbe und bestickte, dekorative Taschen aus aller Welt. Diese können auch als Stauraum für kleine Dinge dienen. Bild über Ministry of Deco.

Farbenfrohe und inspirierende Küche

Kochen war für die Bohemians eine besondere Angelegenheit. Bis dahin kochten die Damen der Gesellschaft nie selber, man hatte eine Köchin oder, je nach Grösse eines Haushaltes, eine ganze Küchenmannschaft. So waren es die Bohemians, die das Selberkochen auch in der Oberschicht einführten und zur Mode machten. Sie kochten gerne einfache, bäurische Gerichte aus Frankreich oder Italien, was damals in England absolut neu war. Bild über Domino.

 Pasta mit Speck, Tomaten und Kapern

Kochen wie die Bohemians bedeutete, dass auch mal die Pfanne auf dem Tisch stand, die Freunde bei der Zubereitung halfen. Eine Flasche guter Wein gehörte ganz einfach zum Essen. Bild über Drizzle and Dip.

Zutaten für 4 Personen:

Olivenöl
400 g Penne
2 Knoblauchzehen, geschält und zerquetscht
1 Schalotte, fein gehackt
500 g Cherrytomaten
1 Handvoll Basilikumblätter, zerrissen
1 Handvoll Kapern, gewaschen
200 g Speck, in Würfeli geschnitten
Salz, Pfeffer
Parmesan und Gruyère, geraffelt

Zubereitung:

Geben Sie ein wenig Olivenöl in eine Bratpfanne und braten Sie den Speck langsam knusprig.  Auf ein Küchenpapier legen und zur Seite stellen. Die Schalotten  im Bratfett dünsten.  die zerquetschten Knoblauchzehen begeben. Wenn der Knoblauch duftet, die Tomaten beigeben.  Dünsten Sie die Tomaten etwa 6 Minuten und geben Sie dann  den Speck dazu. Mit Salz und Pfeffer würzen, die Kapern und die zerrissenen Basilikumblätter beigeben, alles nochmals etwa 5 Minuten köcheln. Penne al dente kochen. Penne und Sauce in eine Gratiform geben. Käse darüberraffeln und alles etwa 30 Minuten im  heissen Backofen backen.

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Marianne Kohler Nizamuddin


Marianne Kohler Nizamuddin ist Stylistin und Journalistin. Sie begann ihre Karriere als Textildesignerin und arbeitete in Paris und New York, bevor sie einige Jahre das Moderessort der Zeitschrift «Annabelle» leitete. Heute arbeitet sie in den Bereichen Styling, Creative Direction und Consulting. Zudem ist sie die Autorin von Sweet Home, dem meist gelesenen Interior-Blog der Schweiz, der fünfmal in der Woche auf Tagesanzeiger/Newsnet erscheint. Marianne Kohler Nizamuddin lebt mit ihrem englischen Mann David und ihrem Hündchen Miss C. in Zürich.